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Deutsche Sprache - Schwere Sprache

Küchenlatein für Anfänger

Ein Kreuzfahrtschiff ist ja üblicherweise international besetzt, auch natürlich auf sogenannten "deutschen Schiffen". Da kommen die überwiegenden Gäste zwar aus dem deutschsprachigen Raum -sowie aus Sachsen und Österreich-, doch viele Besatzungsmitglieder stammen von den Philippinen, oder anderen asiatischen Ländern. Diese Angestellten sind im Service, in der Küche und im Housekeeping beschäftigt und tun ihre Arbeit ohne Ausnahme mit großem Fleiß. Im Wirrwarr der Sprachen bleibt es da natürlich nicht aus, daß es von Zeit zu Zeit auch "Ausrutscher" und wunderbar komische Übersetzungspannen gibt. Aus dieser Kategorie hier nun meine Lieblingsgeschichte.

Es ist Abendessenszeit auf dem Schiff und wir fanden gerade einen kleinen Zweiertisch, wo wir in Ruhe und ohne allzuviel Smalltalk abarbeiten zu müssen, das aufgebaute Buffet genießen wollten. Wie auch in Hotels üblich werden die kredenzten Speisen eines Schiffsbuffets mit kleinen, beschrifteten Aufstellern versehen, so daß jeder Gast –wenn schon nicht beim Anblick völlig sicher- beim Lesen der Beschilderung Klarheit über den "Inhalt der Warmhaltebox hat.

Und so stand ich nun, mit einem zwei bis drei Meter großen Abstand, vor der Batterie an Hauptspeisen und wollte mir einen ersten Überblick verschaffen. Die Auswahl war, wie eigentlich jeden Abend, mehr als ausreichend und vielfältig. Heute gab es den Schwerpunkt "Wild" und so fand sich neben Rehrücken und Co. auch "gesottenes Hirschragout". Wahrscheinlich um dem Ganzen einen urigen Touch zu verpassen und Bodenständigkeit zu signalisieren, kam das Handgeschriebene in altdeutschen Buchstaben daher, also gab es zu lesen:

Nun, es ist ja schon eine Weile her, daß man solche Schriftzeichen verwendet hat, aber trotzdem dachte ich, daß dies für Erwachsene durchaus lesbar ist. Nachdem sich allerdings eine etwa 40-jährigen Dame an mir vorbeischob, kurz vor dem besagten Schild stehen blieb und prustend und kichernd davonging, dämmerte es mir schon, daß es bei der Frau ein Verständnisproblem gab. Naja, sie hat wohl aus dem Wort "gesottenes" – "gesoffenes" gemacht und fand den vermeintlichen Sprachausrutscher der Philippiner witzig.

Der altdeutsche Kleinbuchstabe "t" ist, wenn nicht sehr ordentlich per Hand geschrieben, durchaus als "f" zu lesen. Und wenn dann noch zubereitungstechnische Unwissenheit, wie bei dieser Frau dazukommt, wird´s doppelt witzig … und zwar für die besagte Dame, weil Sie einen Fehler sieht und für mich, weil gar keiner da ist!

Ich lächelte -ob der fehlerhaften Schriftauslegung der Dame- in mich hinein, gönnte mir ein schönes Stück Rehrücken, Rotkraut und Klöße und begab mich zurück zu unserem Tisch. Gerade wollte ich meiner Frau von dieser Geschichte erzählen, da setzte sich doch genau die nicht ganz so schriftkundige Dame von eben an den Nachbartisch, immer noch fröhlich vor sich hin kichernd. Sie erzählte sofort Ihrem Mann:

"Also eben hab ich was total witziges auf den Speiseschildern gesehen. Stell´ Dir mal vor, da hat einer von den Philippinen den deutschen Koch wohl wieder nicht richtig verstanden und schreibt doch tatsächlich gesoffenes Hirschragout hin, anstatt besoffenes."

Fast wäre ich an dem Stück Kloß erstickt, welches ich mir gerade genüßlich in den Mund geschoben hatte.